Technik-Training

Grundlagen der Fechttechnik

In der klassischen Auffassung gibt es eine Reihe von "Fecht-Schulen" (Gaugler, 1998) , die für die unterschiedlichen Bereiche der Fechttechnik Vorgaben und Vorstellungen bündeln und oft gemeinsam gelehrt werden. Diese Vorgaben beziehen sich insbesondere auf:

  • Die Art, in der die verschiedenen Fechtelemente ausgeführt werden.

  • Die Art, in der die Fechtelemente miteinander kombiniert werden.

  • Die Reihenfolge, in der Fechtelemente beim Training eingeführt werden.

  • Das grundlegende strategische Ziel, das bei Gefechten erreicht werden soll.

  • Die Anteile, die die Bereiche Technik, Taktik, Schnelligkeit, Kraft und Koordination beim Training einnehmen sollen (im Training und in Gefechten).

Es ist darauf zu achten, dass die entsprechenden "Fecht-Schulen" in ihren extremen Ausprägungen nicht vorkommen (abgesehen vom stark formalisierten System "Emil Beck"), sondern meist in Mischform und in verschiedenen Ausprägungen.

Eine Betrachtung ist dennoch sinnvoll, um unterschiedliche Vorstellungen und Herangehensweisen kennenzulernen und ihre Auswirkungen und Eigenschaften abzuschätzen.

Das System "Emil Beck"

Taktisches Grundprinzip

Kontrolle der gegnerischen Klinge
Prinzip der Absicherung

Kombination der Elemente

Einfache Grundelemente, zu Phrasen kombiniert
Kombinationen automatisiert

Lehrprinzip

vom Einfachen zum Schweren
Häufiges vor Seltenem
Automatisierung durch Einschleifen

Trainingsschwerpunkte

1. Technische Automatisierung
2. Ausführungsschnelligkeit
3. taktische Adaption (Aktionsauswahl)

Haupt-Probleme

geringe Lernrate, hohe Wiederholungszahlen, hoher Zeitaufwand
gegen Fechtstil mit Klingenentzug

Das System "Emil Beck" war zunächst Resultat aus intensiver Beobachtungen der Aktionen, die im Fechtsport tatsächlich erfolgreich angewendet wurden. Die Lehr-Reihenfolge wird dadurch festgelegt, dass Lernende häufige Aktionen zuerst lernen, seltene später.

Zunächst sollen Lernende so schnell wie möglich mit dem Grundrepertoire versorgt werden, der eine Teilnahme an Wettkämpfen ermöglicht und dadurch die Möglichkeit gibt, aus echten Gefechtssituationen zu lernen.

Weitere Aktionen kommen später hinzu, sodass die Lernenden später eine Vielzahl an möglichen Aktionen bereits gesehen haben und in Wettkampf-Situationen schwer zu überraschen sind.

Das System "Emil Beck" ist auf die Kontrolle der gegnerischen Klinge ausgelegt, die möglichst in allen Gefechtssituationen aufrechterhalten werden soll. Außerdem ist das System auf die Annahme ausgelegt, dass Fechter:innen angegriffene Blößen verteidigen. Daher wird eine Folgeaktion immer zu einem neuen Ziel geleitet.

Das System "Emil Beck" besteht aus einer Reihe von Lektionen, die immer gleich aufgebaut sind:

  1. Der Lernende führt einen Klingenschlag (oder eine Klingenbindung) aus und greift dann eine vorgelagerte Trefffläche (Hand oben/unten, Oberschenkel, Fuß) an.

  2. Optional erfolgt eine Wiederholung der ersten Aktion.

  3. Optional erfolgt eine Rimesse zu einer anderen Blöße.

  4. Abschließend erfolgt eine Absicherung mit Klingenkontrolle zu einer anderen Blöße.

Alle Lektionen werden mit allen unterschiedlichen Beinarbeiten durchgeführt: Im Stand, mit Schritt, mit Sprung, mit Doppelschritt, mit Ausfall, mit Schritt-Ausfall, mit Sprung-Ausfall, mit Fléche und mit Schritt zurück. Dabei wird jede Kombination aus Aktion und Beinarbeitsfolge nur einmal durchgeführt und nicht wiederholt.

Es werden vier Stufen mit jeweils 2 oder 4 Lektionen trainiert. Die Lektionen sind so aufgebaut, dass sie für die Trainer:innen einfach zu handhaben sind und möglichst wenige Fertigkeiten erfordern. Durch den Aufbau und die Anforderungen sind sie in einem großen Stab an Trainer:innen effektiv nutzbar.

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sehr viele Lektionen notwendig sind, um die Technik auf Wettkampf-Niveau zu vermitteln. Es wird davon ausgegangen, dass die Lernenden zumindest jeden Tag lektionieren. Durch den statischen Aufbau stellt sich zudem bald ein Gefühl von Langeweile ein, insbesondere bei jüngeren Lernenden, der die Lernraten negativ beeinflusst.

Durch die Fokussierung auf Klingenkontrolle hat das System Probleme mit Gegner:innen, die mit Klingenentzug agieren.

Bewertung aus Sicht unserer Umsetzungsprinzipien

Entspricht den Umsetzungsprinzipien:

  • Einführung einer Vielzahl von Elementen und deren Kombination ein: Eine große Varianz innerhalb des Lösungsraums steht bereit und wird aktiv angeboten.

  • In einer Lektion wird jede Kombination nur einmal durchgeführt und nicht wiederholt: entspricht den Grundsätzen der differentiellen Lehrmethode.

  • Stellt hohe Wiederholungszahlen sicher: Schafft die Voraussetzungen für neuro-plastische Veränderungen.

  • Durch Auswahl und eigenständiges Zusammenstellen der Lektionen kann ein nicht-linearer Lernvorgang erreicht werden, der aber nicht selbstorganisierend ist.

Widerspricht den Umsetzungsprinzipien:

  • Zielt auf ein starres Technik-Leitbild: berücksichtigt nicht die individuellen Lösungsbereich der Lernenden und tastet nicht den Lösungsraum ab. Individuelle Lösungsfindung durch Varianz muss stattdessen in Wettkämpfen erworben werden.

  • Stellt auf schnelle Minimierung der Abweichung zum Technik-Zielbild ab; Aktionen "gelingen" schnell und werden dann optimiert: Für schnelle neuro-plastische Verändungen ist aber die Fehlerrate zu gering.

  • Minimiert die Zeit, in der Lernende im "Frust-Stadium" sind: die im Frust-Stadium freigesetzten Botenstoffe sind für die Neuroplastizität notwendig.

  • Variiert nur einen Teil des möglichen Lösungsraums: Variiert räumlich-zeitliche und zeitliche Ausführung und Anfangs- und Endbedingungen (eingeschränkt). Variiert nicht: räumliche Ausführung, Umfang, Dauer, Sinneswahrnehmungen, Materialien, Geräte, Untergrund und Rahmenbedingungen.

Möglichkeiten zur Anpassung

Das System "Emil Beck" kann so verändert werden, dass es den Umsetzungsprinzipien besser entspricht:

  1. Akzeptanz von Aktionen abseits des Technik-Leitbilds. Das Leitbild soll weiter verwendet werden, um Einsteiger:innen einen Startpunkt zu bieten. Sehr schnell muss aber auf die Effektivität der Aktionen abgestellt werden. Durch Zusatz-Aufgaben ist den Lernenden der gesamte mögliche Lösungsbereich anzubieten und auch fehlerhaft scheinende Umsetzungs-Varianten einzubinden.

  2. Sichtbarmachen der Auswirkungen von Änderungen im Bewegungsablauf: Entstehende Schwachstellen (Blößen, Balance-Probleme, …​) müssen sichtbar gemacht, Ausführungszeiten gemessen und dargestellt werden.

  3. Erhöhen der Fehlerraten: Sobald eine Aktion in mehr als 25% der Fälle gelingt, müssen Zusatz-Aufgaben, Einschränkungen und angepasste Rahmenbedingungen eingeführt werden, die die hohe Fehlerrate aufrecht erhalten.

  4. Frühes Einführen komplexer Aktionen und Auswahl-Aktionen: Das System "vom Einfachen zum Schweren" und geblockte Übungen müssen aufgebrochen werden, um höhere Lernraten zu erreichen. Es soll auf selbstorganisierendes Lernen abgestellt werden.

Das System "Harmenberg"

Taktisches Grundprinzip

Beschränkung möglicher Aktionen
Dominanz durch körperliche Überlegenheit und Antizipation

Kombination der Elemente

Auswahl weniger, einfacher Aktionsfolgen pro Athlet:in
Ausführung, sobald Voraussetzung passt

Lehrprinzip

Training der konkreten Kombinationsfolgen
Automatisierung durch Einschleifen

Trainingsschwerpunkte

1. Fitness (Schnelligkeit)
2. technische Automatisierung

Haupt-Probleme

körperliche Überlegenheit im Spitzenbereich inzwischen schwer zu realisieren

Die italienische Schule

Taktisches Grundprinzip

Überraschen des Gegners durch Technik- und Geschwindigkeitsauswahl

Kombination der Elemente

Hohe Varianz in der Aktionsauswahl
Integration unorthodoxer Bewegungen

Lehrprinzip

vom Einfachen zum Schweren
frühe Integration von Fechttaktik
wenige feste Bewegungsfolgen

Trainingsschwerpunkte

1. fechtspezifisches Techniktraining
2. Fitness (Schnelligkeit) 3. Taktik-Training

Haupt-Probleme

Durch hohe Varianz geringere Reaktionsgeschwindigkeit
Zeitaufwändiges Training

Die ungarische Schule

Keiner der Autoren hat Erfahrung mit der ungarischen Schule. Beiträge sind erwünscht.

Die französische Schule

Taktisches Grundprinzip

Aufrechterhalten der Handlungsfähigkeit
Herstellen technischer Überlegenheit

Kombination der Elemente

Aktionsfolgen mit minimalen Klingenbewegungen
Hohe Varianz einfacher Bewegungen

Lehrprinzip

vom Einfachen zum Schweren
Erhöhen der Bewegungsergonomie durch Einschleifen

Trainingsschwerpunkte

1. fechtspezifisches Techniktraining
2. taktische Adaption (Aktionsauswahl)

Haupt-Probleme

durch unübliche Gefechtsführung zu überraschen
Hoher Zeitaufwand im Training

Training der Körperbewegungen im Fechtsport

Für das Training von Körperhaltung und Körperbewegung im Fechtsport ergeben sich eine Reihe von Problemen. Zum einen fällt auf, dass bereits die Grundstellung, wie sie klassisch bspw. in (Kaspar, 2005) gelehrt wird, bei der Auswertung von Top-Athleten nicht vorzufinden ist.

Verschiedene „Stile“ resultieren bei allen Fechtern in sehr unterschiedlichen Lösungen bezüglich Kraft, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Haltung und Energieaufwand (Roi & Bianchedi, 2008) . Diese sind nicht nur abhängig von Anthropometrie und Trainingsstand, sondern immer auch von konkreten fechterischen Situationen, die einer angepassten Lösung bedürfen.

Besonders für Heranwachsende ist das Bewegungstraining einer Herausforderung, da sich ständig änderne Hebel, Proportionen und Kraftverhältnisse eine ständige Anpassung der notwendigen Technik bedingen.

Ziel des Trainings der Körperbewegungen muss deswegen immer sein, dem Athleten Stabilität bei der Anpassung und Adaption seiner Bewegungen an neue Situationen zu ermöglichen.

Beinarbeit

Klassische Beinarbeit „auf Ansage“ und ohne Vorgabe von Varianten, gezielt auf die Einhaltung einer Zieltechnik, erzielt schon nach kürzester Zeit keinen technischen Lerneffekt mehr und sollte höchstens untergeordnet eingesetzt werden (Molter, 2006) , bspw. als Aufwärm- oder Stärkungsübung.

Stattdessen können alle Methoden der Beinarbeit, bspw. aus (Molter, 2006) , Kap. 4.3 eingesetzt werden.

Entsprechend dem differenziellen Lehren und Lernen sollen dabei aber:

  • Keine Korrekturen erfolgen, weder einzeln noch in die Gruppe.

  • Jeweils eine Menge von Varianten vorgegeben werden (Körperposition, Geschwindigkeiten, …)

  • Keine Übung ohne Änderung wiederholt werden.

  • Spätestens nach wenigen Minuten eine komplett neue Bewegungsaufgabe in die Gruppe gegeben werden (dabei empfiehlt es sich aber auf Zeitgründen, evtl. eingesetzte Trainingsmittel nicht auszutauschen).

Durchgeführte Übungen müssen darauf fokussieren, auch bei den für die Beinarbeit typischen hochgradigen Automatisierung der Bewegungsausführung trotzdem weiter Fehler bei den Lernenden zu provozieren. Diese Fehler äußern sich in der Regel darin, dass Geschwindigkeits- oder Präzisionsvorgaben oder weitere Randbedingungen nicht eingehalten werden können. Diese Fehler müssen für die Lernenden erfahrbar sein, damit eine Korrektur eintreten kann.

Zur Selbstüberprüfung der eigenen Technik sollen den Lernenden gelegentlich spielerische Wettkampf-Formen angeboten werden. Diese sollen auf externe Qualitäten (Geschwindigkeit, erzielte Präzision beim Erreichen einer Position, Treffgenauigkeit aus der Bewegung, …) statt auf interne Qualitäten („schöne Bewegungsausführung“, „tiefe Position“, …).

Grundlegende Bewegungen

Die Fechtstellung

Die Position, in der sich Fechter:innen in Ruheposition befinden, stellt bereits eine individuelle Lösung der Anforderungen der Gefechtssituation dar.

Sie ermöglicht es speziell, ohne Auftaktbewegung hohe horizontale Kraft auf den Boden in möglichst viele unterschiedliche Richtungen ausüben zu können. Dabei sind mögliche horizontale Beschleunigungen nach vorne und nach hinten von besonderem Interesse.

Zusätzlich soll bereits aus dem Stand eine große Treffer-Reichweite erzielt werden können, um vorgelagerte Trefflächen ohne Fußbewegung angreifen zu können und bei überraschenden Angriffen bessere Chancen auf einen Treffer mit Arrêt besteht.

Für Ausweichbewegungen ist eine hohe Hüftbeweglichkeit von Vorteil.

Im Vergleich zur traditionellen Fechtstellung, bspw. in (Molter, 2006) , Kap 4.1, sind im modernen Degenfechten Anpassungen sichtbar.

Embedded
Figure 1. Moderne Fechtstellung am Beispiel von Choi In-jeong

Die wichtigsten Anpassungen, die bei vielen Fechtern im höheren Leistungsbereich sichtbar sind:

  • Der Fußabstand wird in vielen Fällen deutlich vergrößert. Zweieinhalb bis drei Fußlängen sind hier keine Seltenheit. Dieser Abstand verbessert den Winkel, mit dem der hintere Fuß Kraft auf den Boden überträgt. In Abhängigkeit vom Reibungskoeffizient zwischen Schuhsohle und Metallbahn liegt der optimale Winkel bei etwa 42°. Das ist in normalen Stellungen nicht ganz zu erreichen, sodass hier meist gilt: je mehr, desto besser.

  • Speziell beim hinteren Fuß wird häufig die Ferse vom Boden gehoben. Bei großen Bodenwinkeln ist eine entspannte Haltung anders auch nicht möglich, weil das Ziel ist, die Wadenmuskeln im optimalen Arbeitsbereich zu halten.

  • Der Oberkörper wird nach vorne geneigt, so dass der Körperschwerpunkt in einer Linie mit dem hinteren Bein liegt. Dadurch werden beim Beschleunigen vorwärts Torsionskräfte vermieden und eine exakte Spitzenführung vereinfacht. Zusätzlich wird der Körperschwerpunkt ein Stück weit nach vorne verschoben, um für Rückwärtsbewegungen die nötige Reibung auf dem vorderen Fuß erzeugen zu können.

  • Der vordere Fuß wird nach vorne verschoben. Der dadurch entstehende Winkel zwischen Bein und Boden verbessert die Möglichkeit zur Bschleunigung nach hinten.

  • Der hintere Arm wird normalerweise neben dem Körper geführt und für die Kompensation von Rotationsbewegungen des Oberkörpers aktiv genutzt.

  • Die hintere Schulter wird oft weiter nach vorne geführt. Dadurch wird bereits im Stand eine höhere Hüftbeweglichkeit gefördert. Bei Angriffen kann die Schulter schnell beim Arrêt aus der Linie gedreht werden.

  • Der vordere Arm wird stärker angewinkelt, oft in einem Winkel von 90°. Da die explosive Armstreckung in unter 100ms erfolgt (Abazari et al., 2016) und die Muskulatur in stärkerer Expansion höhere Kräfte erreicht, kommt auch aus dieser Position ein Treffer nahezu gleichzeitig auf. Es lässt sich dadurch ohne Nachteile eine höhere Manövrierfähigkeit erreichen und die Hand ist vor Angriffen besser geschützt.

  • Mit der Wahl einer solchen Fechtstellung erfolgt meistens auch eine Umstellung der Beinarbeit. Die Gewichtsverteilung erlaubt keine einfachen Schritte mehr. Entweder wird die Fechtstellung für einfache Schritte aufgegeben (für Situationen ohne Druck in überweiter Mensur) oder es werden ausschließlich Sprünge durchgeführt, die dann meistens aus den Fußgelenken erfolgen.

Es ist anzumerken, dass die genaue Fechtstellung sehr stark von der anwendenden Fechter:in abhängt und ein großer Varianzbereich sichtbar ist. In jedem Leistungsbereich sollen regelmäßig Varianten angeboten werden, um die Variabilität zu erhöhen und individuelle Lösungen zu fördern.

Der Ausfall

Als eines der grundlegenden Elemente der fechterischen Bewegungen kommt dem Ausfall eine große Bedeutung zu. Er wird in unzähligen Veröffentlichungen im Details beschrieben, bspw. In (Molter, 2006) . Die tatsächlich von Sportlern durchgeführte Bewegung weicht von der Beschreibung nahezu immer ab. Das betrifft sowohl die Ausgangsposition, bei der deutlich mehr Gewicht auf dem vorderen Fuß lastet (Stewart & Kopetka, 2005) , als auch die Fussbewegung, bei der in allen beobachteten Fällen die vordere Ferse zuerst den Boden verlässt (Gholipour et al., 2008) .

Der zu trainierende Lösungsbereich könnte so eingeschränkt werden:

  • Ausgangspunkt ist eine Fechtstellung im Rahmen der gültigen Parameter oder einer Position, die aus regelkonformen Aktionen erreicht werden kann.

  • Ziel ist es, mit der Spitze der eigenen Waffe einen entfernten Punkt möglichst schnell zu treffen.

  • Dabei soll der vordere Fuß explosionsartig weiter nach vorne gebracht werden.

  • Dabei soll kein Überkreuzen der Füße erfolgen, und die Bewegung soll danach beendet sein. (Abgrenzung zum Fléche und zum Säbel-spezifischen „Flunge“)

Alle anderen Parameter sollen Teil der zu trainierenden Variationen sein. Das betrifft insbesondere, aber nicht ausschließlich: die Reihenfolge der Arm- und Beinbewegung; die Beschleunigung/Verzögerung bei der Ausführung; die Fußstellung vor, während und nach der Ausführung; die Arm- und Handlage während der Ausführung. Dabei ist besonders bei der Vorgabe der Fußstellung darauf zu achten, dass Verletzungs-treibende Vorgaben unterbleiben (bspw. darf das Knie nicht nach innen fallen).

Der Ausfall kann auch mit Partnerübung trainiert werden. Dort ist auch die Reaktion auf gegnerische Störungen während des Ausfalls trainierbar.

Details zur Koordination zwischen Arm und Bein beim Ausfall sind unter "Stoß- und Treffbewegung" zu finden.

Fléche

Die Fléche (auch: Sturzangriff) ist speziell im Degen-Fechten eine grundlegende Aktion, die häufig angewendet wird. Sie wird detailliert bepsw. in (Molter, 2006) beschrieben.

Charakterisierend ist, dass die Balance zugunsten einer höheren Beschleunigung aufgegeben wird. Damit lässt sich eine Fléche nicht abbrechen.

Entscheidend für den Erfolg der Fléche ist die korrekte Wahl von Mensur und eigener Klingenlage. Bei der häufigsten erfolgreichen Ausführung wird der eigene Treffer gesetzt, bevor der hintere Fuß wieder den Boden berührt; und damit auch, bevor das Gleichgewicht wieder hergestellt wird.

Ein oft genutztes Element ist es, beim Auslaufen nach der Fléche der Gegner:in nach rechts oder links auszuweichen und vorbeizulaufen. Damit steht der Gegner:in zwar ein (direkter) Nachstoß nach hinten zu. Weitere Treffermöglichkeiten bestehen aber nicht.

Das Auslaufen führt bisweilen zum seitlichen Verlassen der Bahn, noch bevor der Gegner passiert wird. Technisch gesehen ist das zwar zu Bewerten als "Verlassen der Bahn, um einem Treffer zu entgehen". Dieser Verstoß wird aber in der Praxis nur äußerst selten sanktioniert und kann deswegen meistens genutzt werden.

Es ist erlaubt, direkt vor dem eigenen Treffer die Bahn mit einem Fuß seitlich zu verlassen, solange danach ohne weitere Klingenaktion oder Lageänderung getroffen wird. Dadurch lassen sich sehr steile Winkel zur gegnerischen Trefffläche realisieren, speziell, wenn der Fléche dabei mit einem Winkelstoß kombiniert wird.

Details zur Koordination zwischen Arm und Bein beim Fléche sind unter "Stoß- und Treffbewegung" zu finden.

Wir schränken den zu trainierenden Lösungsbereich deswegen so ein:

  • Ausgangspunkt ist eine Fechtstellung im Rahmen der gültigen Parameter. Dabei sind Auftaktbewegungen explizit erlaubt.

  • Ziel ist es, mit der Spitze der eigenen Waffe einen definierten Punkt an der Gegner:in möglichst schnell zu treffen.

  • Dabei soll der Körper so weit nach vorne gelehnt werden, dass der Schwerpunkt sich vor dem vorderen Fuß befindet.

  • Der Treffer soll spätestens dann gesetzt werden, wenn der hintere Fuß erneut den Boden berührt.

Alle anderen Parameter sollen über Variationen abgedeckt werden. Das betrifft zum Beispiel (aber nicht ausschließlich):

  • Die Richtung, in der das Gleichgewicht aufgegeben wird: direkt vorwärts, schräg nach vorne innen/außen, …​

  • Die Höhe und Länge des ausgeführten Sprungs

  • Das Ziel, zu dem die Fléche führt: Hand, Arm, Körper

  • Die eigene Klingenlage absolut (hohe, tiefe Linie, …​) und relativ zur gegnerischen Klinge

  • Bewegung der hinteren Schulter: konstant, weiter nach vorne oder nach hinten, …​

Die Fléche kann z.B. in Partnerübung oder mit Weichbodenmatten trainiert werden. Wichtig ist es, die Angst vor dem Verlust des Gleichgewichts zu nehmen, indem diese Aktion als Teil des normalen Bewegungsrepertoirs etabliert wird.

Übung: Fléche auf Weichbodenmatten
Achtung

Gruppengröße bei jüngeren (<12 Jahre) bis sechs Personen

Übungslänge

10-15 Minuten

Material
  • Weichbodenmatte (hochkant als Stoßziel)

  • ausklappbare Sprossenwand oder Volleyball-Pfosten (oder ähnliches zur Fixierung der Matte)

  • Klebeband (oder ähnliches zu Markierung der Stoßziele und Abstände)

Aufbau
  • Weichbodenmatte hochkant aufstellen und an Pfosten lehnen und befestigen (Klebeband, Seil, …​). Die Athlet:innen müssen an der Matte vorbeilaufen können

  • mit Klebeband Stoßziele markieren: in Schulterhöhe, in Bauchhöhe und an der schmalen Seite in Schulterhöhe und Bauchhöhe

  • Linien auf dem Boden zur Orientierung anbringen (Klebeband): 1m, 2m, 3m, 4m

Die Übungen werden immer einzeln durchgeführt. Anstehschlange (deswegen !

Durchführung
  1. Athlet:in stellt sich mit Linie auf, so dass die Spitze das Ziel berührt.

  2. Athlet:in geht vier Schritte zurück in Fechtstellung

  3. Athlet:in führt Auftaktbewegung aus: kleiner Schritt vor, kleiner Sprung vor

  4. Athlet:in beschleunigt aus dem hinteren Fuß, kippt über den vorderen Fuß und springt ab

  5. Athlet:in trifft und läuft rechts/links an der Matte vorbei

Variationen
  • Bei jedem Durchgang soll die Athlet:in selbst (mit Hilfe der Bodenmarkierungen) den Abstand für sich optimieren.

Zusätzlich werden nach den ersten zwei Durchgängen zum Beispiel folgende Variationen hineingegeben (maximal zwei gleichzeitig)

  • Ziele ändern:

    • zwischen den Zielen abwechseln

    • zwei Ziele in einer Fléche treffen

  • Auftaktbewegung:

    • zwei Schritte

    • zwei Sprünge

    • aus dem Stand

    • mit Kreuzschritt

  • nach der Auftaktbewegung:

    • in die Hocke

    • Sprung im Stand

    • kleiner Sprung zurück

    • mit der Spitze den Boden berühren

    • einmal um sich selbst drehen

  • für den Fléche

    • direkt mit Linie

    • kurz den Arm anziehen

    • Ziel wechseln (oben/unten, unten/oben)

    • Sprungrichtung: gerade, schräg zur Seite

    • Sprunghöhe: hoch, flach

  • Auslaufbewegung:

    • hinteren Fuß möglichst früh/spät aufsetzen

    • hinteren Fuß direkt vor den vorderen oder in weitem Abstand setzen

    • knapp an der Matte vorbei laufen oder schräg von der Matte weg

    • beim Vorbeilaufen drehen, sodass die Waffe immer auf die Matte zeigt

  • Zusatzaufgaben

    • mit dem hinteren Arm kreisen: vorwärts/rückwärts

    • nach jedem Element eine Sekunde Pause machen

    • Gewicht möglichst weit nach vorne oder hinten

Floating Fléche

Meidbewegungen

Körpertäuschungen

Stoß- und Treffbewegungen

Die maßgeblichen Einflussfaktoren, die über erfolgreiches Treffen gewünschter Zielregionen entscheiden, sind bislang größtenteils unerforscht. Es gibt nur wenige durch Studien gesicherte Ergebnisse.

Beispielsweise ist bekannt, dass die Technik für Würfe nicht mit denen der Handführung bei Treffbewegungen im Fechten korrelieren (Bober et al., 2016) . Weiter ist bekannt, dass selbst während eines Ausfalls oder Fléche die Zeit bis zum Aufkommen des Treffers (500-600ms, aus (Borysiuk et al., 2019) ) ausreicht, um das Ziel zu erfolgreich zu ändern (200ms, aus (Zeuwts et al., 2017) ).

Zur Regel "Arm vor Bein"

Mit der Regel "Arm vor Bein" wird ausgedrückt, dass bei kombinierten Treffbewegungen, die Armstreckung und Körperbewegung beinhalten, zunächst die Armstreckung erfolgt, bevor die Beinbewegung begonnen wird (Gaugler, 1998) . In der abgeschwächten Form wird die Beinbewegung schon kurz vor Abschluss der Armbewegung begonnen (DFB, January 2008) .

Eine Auswertung aller offensiven Treffer der Finalrunde des Weltcups in Doha 2024 ergab, dass kein einziger Angriff, der Arm- und Beinbewegung beinhaltete, auf diese Weise durchgeführt wurde. Angriffe erforderten entweder nur eine Armbewegung oder sie wurden mit dem Bein eingeleitet.

Kein Angriff, der nur eine Armstreckung benötigte, wurde danach direkt fortgesetzt, sondern stets der Arm zurückgezogen.

Die notwendigen 500-600ms, die für einen Angriff mit Ausfall oder Fléche notwendig sind, sind ausreichend für gleich mehrere Fechtaktionen. Deswegen ist es wichtig, den Waffenarm so lange wie möglich vor Gegenangriffen zu schützen und die Manövrierfähigkeit möglichst lange aufrechtzuerhalten. Beides benötigt einen mindestens halb angewinkelten Arm, wie in (Molter, 2006) (zur Fechtstellung) erläutert.

Es ist angeraten, erst im Moment des Auftreffens der Spitze die maximale Armstreckung zu erreichen. Da der einfache Ausfall etwa 500ms benötigt, die explosive Armstreckung dagegen weniger als 100ms (Abazari et al., 2016) , sollte der Arm erst während der Angriffsbewegung gestreckt werden.

Training der Stoß- und Treffbewegung

Die reine Stoß- und Treffbewegung lässt sich durch variable Stoßübungen trainieren. Gerade dabei ist die Variabilität einer der wichtigsten Faktoren, denn Treffbewegungen müssen aus unterschiedlichsten Situationen und Körper-/Handhaltungen sicher und schnell erfolgen können.

Für Stoßübungen bietet es sich an, die Übungen in kurzen Blöcken durchzuführen: Es werden bezüglich einer Größe über mehrere Übungen mehrere Variationen ausgeführt (z.B. in Folge sechs verschiedene Treffer-Flächen; vier verschiedene Ausgangs-Klingenlagen). Dazu wird jeweils eine Kombination aus Variationen hineingegeben (z.B. Ausführung mit Schritt vor, Treffbewegung verlangsamend und ein Auge geschlossen).

Als Hilfsmittel können z.B. dienen:

  • Markierungen auf dem Boden, mit dem unterschiedliche Fußpositionen erwürfelt werden können

  • Unterschiedliche „Waffen“, z.B. Rohre, Holzstecken, Schlauchstücke

  • bewegliche Ziele, z.B. schwingende Bälle, Stoß auf Tischtennisbälle, die in ein Tor befördert werden

Eine Durchführung auf Zeit oder auf die meisten Treffer pro Versuch in Kleingruppen hat sich bewährt.

Um wechselnde Ziele vorzugeben, können diese vorgeplant werden. Alternativ werden sie angezeigt, z.B. mittels Fencing Hit Target oder Laserpointer.

Klingenaktionen können ebenfalls geübt werden, indem in Kleingruppen Gegner neben das Ziel postiert werden. Ein Stoßtraining mit Person als Ziel hat sich dagegen nicht bewährt, da die Abneigung, ggf. schmerzhaft zu treffen oder getroffen zu werden, kaum konzentriertes Training ermöglicht.

Trainingseinheit: Stossübungen

Material (es geht auch immer etwas ähnliches)
  • Weichbodenmatten (an der Wand), o.ä.

  • Tennisbälle, Styroporkugeln, o.ä. an einer Schnur

  • Klebeband (Maler-Krepp, o.ä.)

  • Kasten, Bank, o.ä.

  • Streichholzschachteln

  • Filzstift

  • 6-seitige Würfel

  • evtl. Laser-Pointer

  • evtl. unterschiedliche "Waffen"

Prinzip

Stoßen auf unterschiedliche Ziele, die markiert werden. Die Ausgangslage und Stoss-Variante wird variiert. Die Lernenden bilden Kleingruppen, die sich Aufgaben stellen. Ideal sind zwei bis drei Personen.

Hinweise
  • Es soll insgesamt 5 Minuten pro Station geübt werden.

  • Es können unterschiedliche "Waffen" angeboten werden: Rohre, Holzstecken, …​

  • Es hat sich bewährt, Musik zur Übung zu spielen.

  • Es soll (wenn nicht anders angegeben) auf hohe Ausführungsgeschwindigkeit abgestellt werden. Diese ist wichtiger aus eine "saubere Ausführung". Werden die Übungen zu langsam ausgeführt, dann stimmt die propriozeptive Wahrnehmung nicht mit denen in echten Gefechtssituationen überein und führt auch im Gefecht zu langsamer Ausführung.

  • Ggf. kann gelegentlich die Durchführungszeit gemessen werden.

Stationen

Station 1: Weichbodenmatten

  • Mit Klebeband werden fünf Ziele zwischen Kopf- und Fusshöhe markiert.

  • Vor der Matte werden sechs Stellen für die Füße markiert und nummeriert, in Abständen zwischen 1 und 3 Metern.

Die Lernenden sind abwechselnd an der Reihe.

  1. Fussstellung auswürfeln: 1-6 entsprechend der Bodenmarkierungen. Fälle zweimal die selbe Zahl, gilt für einen der Füße: in der Luft

  2. Zusatzaufgabe würfeln (Alternativ: die Lernenden denken sich selber Aufgaben aus)

    1. so schnell wie möglich treffen.

    2. Waffe vor jedem Treffer auf den Boden

    3. beim Zustoßen die Augen schließen

    4. mit Linie treffen, ganz langsam und vorsichtig

    5. zwischen den Treffern jeweils einen Strecksprung machen

    6. die waffenfreie Hand fasst den vorderen Knöchel

  3. Stellung-Fertig-Los als Startsignal

Station 2: Schwingende Ziele

  • die Bälle an einer Schnur werden hängend befestigt (z.B. an einem Handball-Tor).

Die Lernenden sind abwechselnd an der Reihe. Auf ausreichend Abstand achten!

  1. Startposition auswürfeln: 1-6 in Metern Abstand zwischen Spitze und Ball

  2. Beinarbeit auswürfeln (ggf. muss erst mit Schritten zurück der Abstand korrigiert werden.)

    1. mit Schritten

    2. mit Schritten und Ausfall

    3. mit Sprung und Ausfall

    4. mit Schritten, Schritt zurück, Ausfall

    5. mit Ausfall, Nachsetzen, Ausfall

    6. mit Fléche

  3. Stellung-Fertig-Los als Startsignal

Station 3: Kasten

  • die Streichholzschachteln werden an der Kante des Kastens aufrecht positioniert.

  • Vor der Station werden sechs Stellen für die Füße markiert.

Die Lernenden müssen die Streichholzschachteln mit einem Stoß umwerfen.

  1. Fussstellung auswürfeln: 1-6 entsprechend der Bodenmarkierungen. Fälle zweimal die selbe Zahl, gilt für einen der Füße: in der Luft

  2. Zusatzaufgabe würfeln (Alternativ: die Lernenden denken sich selber Aufgaben aus)

    1. so schnell wie möglich treffen.

    2. Waffe vor jedem Treffer auf den Boden

    3. beim Zustoßen die Augen schließen

    4. mit Linie treffen, ganz langsam und vorsichtig

    5. zwischen den Treffern jeweils einen Strecksprung machen

    6. die waffenfreie Hand fasst den vorderen Knöchel

  3. Stellung-Fertig-Los als Startsignal

Station 4: Laser-Pointer

  • eine Person erhält den Laser-Pointer

  • die andere Person startet so, dass sie während der Beinarbeit immer zwei Meter Abstand zum Ziel hat.

    1. Beinarbeit auswürfeln:

      1. Schritt vor, Schritt zurück

      2. Sprung vor, Schritt zurück

      3. Schritt vor - Sprung vor, zwei Schritte zurück

      4. Schritt vor - Ausfall, Schritt zurück

      5. Trippling auf der Stelle

      6. freie Beinarbeit

    2. Stellung-Fertig-Los als Startsignal

    3. nach 1-10 Sekunden wird ein Ziel auf der Wand angezeigt

    4. Lernende:r muss dieses Ziel möglichst schnell mit Ausfall treffen und im Ausfall bleiben

    5. direkt danach wird ein anderes Ziel angezeigt

    6. Lernende:r muss mit Rimesse treffen

    7. jeweils 5 Wiederholungen

Technisches Lektionstraining

Lektionstraining im Fechten bezeichnet ein Training, bei dem ein:e Trainer:in mit einzelnen Athlet:innen jeweils separat trainiert.

Nur selten tauchen Formen auf, bei denen mit mehreren Athlet:innen gleichzeitig lektioniert wird.

Technisches Lektionstraining konzentriert sich darauf, der Athlet:in einzelne technische Elemente oder einfache Kombinationen zu vermitteln. Die Zusammensetzung mehrerer Aktionen und der situativ angemessene Einsatz ist Bestandteil des Agilitätstraining.

Die Auswahl der Techniken, die jeweils trainiert werden sollen, liegt primär bei der Trainer:in. Gerade Jugendlichen und Erwachsenen sollen diese bei der Auswahl einbezogen werden.

Gerade beim Aufbau komplizierterer Techniken (z.B. Quart-Coupé, Wurfstoß Schulter) kommen oft methodische Reihen zum Einsatz, die einzelne Elemente unabhängig voneinander trainieren und erst später kombinieren.

Gemäß der Umsetzungsprinzipien ist es besser, diesen geblockten Ansatz aufzulösen und die Reihenfolge des Erlernens zufällig zu variieren (Heymen & Leue, 1986) .

Zusätzlich ist eine ausreichend hohe Fehlerrate anzustreben, damit die Voraussetzung für neuronale Plastizität gegeben ist. Diese Misserfolgsquote soll zwischen 60% und 80% liegen.

Zum Umgang mit den Lernenden

Zum Umgang mit der Athlet:in sollen folgende Grundsätze beachtet werden:

  • Die Notwendigkeit hoher Fehlerraten sind der Athlet:in vorab zu erläutern, sodass eine Akzeptanz des häufigen Misserfolgs als notwendige Voraussetzung gegeben ist: "Wenn Du etwas zu gut kannst, mache ich die Übung schwerer. Das ist für das Lernen notwendig. Wenn ich es Dir schwerer mache, dann heißt das, dass Du die Übung schon zu gut kannst."

  • Ein:e Athlet:in wird nicht getadelt oder kritisiert. Die Rückmeldung über die Effektivität der gelernten Bewegung geschieht immer implizit über die Erfahrung von Erfolg und Misserfolg. Unerwartete Ausführungsvarianten sind durch Bewegungsaufgaben zu infrage zu stellen. Die Athlet:in wird sie korrigieren, wenn sie tatsächlich ineffektiv sind. Ansonsten darf die Variante beibehalten werden.

  • Jede erfolgreiche Ausführung muss die Athlet:in sich erarbeiten. In keinem Fall sorgt die Trainer:in dafür, dass eine Aktion erfolgreich ist. Die unverfälschte Rückmeldung effektiver Aktionen ist die Grundlage für das Bewegungslernen.

  • Lektionszeit ist Übungszeit. Die Athlet:in soll möglichst durchgehend selbst aktiv sein. Erläuterungen zu Theorie und Hintergründen sind Teil des Taktiktrainings oder können bei Interesse separat erfolgen. Die Methoden "Lernen durch Beobachtung", "Lernen durch Einsicht" und "Lernen durch Bewusstmachen von Bewegung" sind deutlich weniger effizient (siehe Klassische Trainingsmethoden).

Prinzip der Lektionsarbeit

Grundlegend sind technische Lektionen so aufgebaut, dass jeweils ein einzelnes Technik-Element herausgegriffen wird, dass dann in möglichst vielen Variationen ausgeführt wird.

Gemäß der Umsetzungsprinzipien wird auch bei der Lektionsarbeit eine einzelne Übung (=Kombination aus Aktion und gewählter Variation) niemals wiederholt. Es geht immer mit der nächsten Kombination weiter.

Beispiele für technische Lektionen

Die Beispiele sind gruppiert nach Angriff, Parade, Gegenangriff und Beschäftigung. Es sei darauf hingewiesen, dass die Unterscheidung der Gruppen im Degenfechten sehr unscharf ist; speziell zwischen Parade/Riposte und Gegenangriff mit Klingenbeseitigung.

Wir verwenden die Begriffe wie folgt:

  • Die Gruppe Angriffe geht davon aus, dass die Fechter:in eine Aktion zur Erzielung eines Treffers selbst initiiert.

  • Die Gruppe Gegenangriff geht davon aus, dass die Trainer:in eine Aktion beginnt, auf die die Fechter:in reagiert in der Absicht, selbst einen Treffer zu erzielen und dabei optional den Gegentreffer vermeidet.

  • Die Gruppe Parade geht davon aus, dass die Trainer:in eine Aktion beginnt ud die Fechter:in diesen vereitelt und dabei optional selbst einen Treffer setzt.

  • Die Gruppe Beschäftigung geht davon aus, dass die Fechter:in versucht, die gegnerische Initiative zu unterdrücken und dabei optional selbst einen Treffer setzt.

Eine vollständige Lektion kann zwischen 15 Minuten und einer Stunde dauern. Die Dauer soll so gewählt werden, dass die Athlet:in die Konzentration aufrecht erhalten kann.

Wir versuchen, bei einer Lektion mehrere Elemente zu trainieren. Ein Element soll (einschließlich aller trainierten Variationen) nicht länger als fünf Minuten am Stück trainiert werden. Danach soll zu einem anderen Element gewechselt werden. Dadurch soll ein Variationsdruck erzielt werden, der die Voraussetzungen für die Neuroplastizität erhöht.

Lektionselemente zum Angriff

Direkter Angriff mit Beobachtung der Gegner:in

Lektionslänge ca. 5 Minuten.

Zweck der Lektion
  • Sicherheit in Klingen- und Spitzenführung auch in Drucksituationen

  • Entkopplung Hand- und Beinführung

  • Beobachten der Gegner:in in Drucksituationen

  • Verbessern des Mensurgefühls

  • Anpassung an Veränderungen der Anthropometrie (z.B. in Wachstumsphasen)

Aufgabenstellung

Nähere Dich zügig aus 4m Entfernung. Triff direkt (ohne Klingenkontakt) und weiche mit dem Körper der gegnerischen Spitze aus.

Wiederhole für folgende zu treffenden Blößen:

  • Körper oben innen

  • Körper oben außen

  • Flanke

  • Brust Mitte

  • Oberschenkel

  • Hand oben

  • Fuß

  • Maske

Zusatzaufgaben

Zufällig aus diesen Aufgaben auswählen, bis Lektionslänge erreicht.

  • Variation Bewegungsausführung - Endbedingung:

    • Treffe mit langem Ausfall

    • Treffe mit halb gestrecktem Arm

    • Treffe im Laufen und laufe danach vorbei

    • Gehe bis Nahkampf-Entfernung, treffe mit Sprung zurück

    • …​

  • Variation Bewegungsausführung - Anfangsbedingung

    • Bleibe so lange in Quart/Sixt/Oktav/…​ wie möglich

    • Aus schneller Vorwärtsbewegung

    • ..

  • Variation räumliche Ausführung

    • Klingenlage Trainer:in: auf unterschiedliche Blößen gerichtet

    • Klinge der Trainer:in bewegt sich horizontal/vertikal/kreisförmig

    • Mache Dich möglichst klein/groß

    • Weite/Enge Fußstellung

  • Variation dynamische Ausführung

    • Nähere Dich langsam, triff schnell

    • Bewege den vorderen Fuß schnell, den hinteren langsam

    • Halte die Armstreckung kurz vor dem Treffer kurz an

    • …​

  • Variation Sinneswahrnehmungen

    • Schließe ein Auge

    • Fechte gegen die Sonne

    • …​

  • Variation Materialien/Geräte

    • Gegen sehr lange Waffe (Trainer:in)

    • Gegen zwei Waffen (Trainer:in)

    • Mit Mini-Degen, …​

  • Variation Untergrund, Gelände

    • Trainiere auf Sand, Tartanbahn

    • Aufwärts/Abwärts

Angriffe mit Kavation als Reaktion gegen Parade

Lektionslänge ca. x Minuten.

Zweck der Lektion
  • Mensurverhalten für zusammengesetzte Angriffe

  • Beobachtung möglicher gegnerischer Reaktionen

  • Situationsangemessene Ausführung der Kavation

Aufgabenstellung
  1. Athlet:in bewegt sich frei auf der Bahn, Trainer:in folgt und hält mittlere Mensur, beide in Oktav

  2. Trainer:in öffnet die Mensur

  3. sobald weite Mensur erreicht wird, beginnt die Athlet:in einen direkten Angriff zur Brust mit Sprung vor/ Ausfall

  4. Trainer:in reagiert mit hoher Halbkreis-Terz-Parade/ Riposte

  5. Athlet:in umgeht die Parade (Kavation) und trifft, bevor die Riposte ihr Ziel erreicht

Zusatzaufgaben

Zufällig aus diesen Aufgaben auswählen, bis Lektionslänge erreicht.

  • Variation Bewegungsausführung / räumliche Ausführung

    • Unterschiedliche Paraden (mit Ansage), z.B. Sixt, Quart, Oktav, Prim

    • Auswahl der Paraden (Ansage der Möglichkeiten)

    • Treffen in neuer Blöße: z.B. Brust-Oberschenkel, Fuß-Brust, Hand-Maske

  • Variation Bewegungsausführung: Geschwindigkeit

    • Ausführung besonders schnell, in Zeitlupe

  • Variation Bewegungsausführung: Beschleunigung

    • Steigern oder Verlangsamen der Bewegung

    • Warten auf die Parade

  • Variation Sinneswahrnehmung

    • z.B. im Halbdunkel, mit hellem/ dunklen Hintergrund

  • Variation Materialien

    • z.B. gegen unbewaffnete Trainer:in; mit Mini-Degen; mit Handschuh

  • Bewegungsausführung

    • Anfangs-, Endbedingungen

    • räumliche Ausführung

    • räumlich-zeitliche Ausführung (Geschwindigkeit)

    • dynamische Ausführung (Beschleunigung)

    • zeitliche Ausführung (Rhythmus)

    • Umfang

    • Dauer

  • Sinneswahrnehmungen (Einschränkungen, Verstärkung)

  • Materialien, Geräte

  • Untergrund, Gelände

  • Rahmenbedingungen, Regeln

Lektionselemente zum Gegenangriff

Gegenangriff mit Meidbewegung

Lektionslänge ca. 5 Minuten.

Zweck der Lektion
  • Sicherheit in Klingen- und Spitzenführung auch in Drucksituationen

  • Bewusster Umgang mit Verteidigungsreflexen

  • Verbesserung des Umgangs mit verfügbarem Platz auf der Fechtbahn

  • Anpassung an Veränderungen der Anthropometrie (z.B. in Wachstumsphasen)

  • Erfahren der Effektivität verschiedener Meidbewegungen

Aufgabenstellung

Halte den Abstand mit Schritten. Trainer:in greift unterschiedliche Blößen an und gibt sie vorher bekannt. Athletin weicht der Spitze mit dem Körper aus und trifft selbst auf beliebige Blöße. Kein Klingenkontakt!

Jeweils hintereinander Angriffe auf folgende Blößen:

  • Körper oben innen

  • Körper oben außen

  • Flanke

  • Brust Mitte

  • Oberschenkel

  • Hand oben

  • Fuß

  • Maske

Zusatzaufgaben

Zufällig aus diesen Aufgaben auswählen, bis Lektionslänge erreicht.

  • Variation Bewegungsausführung - Endbedingung:

    • Treffe mit halb/ganz/nicht gestrecktem Arm

    • Stehe danach in Nahkampf-Entfernung

    • Laufe selbst nach dem Treffer an der Trainer:in vorbei

    • …​

  • Variation Bewegungsausführung - Anfangsbedingung

    • Fechte in Quart/Sixt/Oktav/…​-Bindung

    • Aus Vorwärts/Rückwärtsbewegung unterschiedlicher Geschwindigkeit (Trainer:in)

    • Auf der Endlinie stehend

    • ..

  • Variation räumlich-/zeitliche Ausführung

    • Gegen unterschiedliche Angriffstiefen

    • Gegen Angriff mit Sprung/Ausfall/Fléche

  • Variation räumliche Ausführung

    • Mache Dich möglichst klein/groß

    • Weite/Enge Fußstellung

  • Variation dynamische Ausführung

    • Triff möglichst schnell!

    • Weiche erst aus und triff dann

    • …​

  • Variation Materialien/Geräte

    • Unbewaffnet, treffe durch Berühren mit der Hand

Lektionselemente zur Parade/ Riposte

Parade gegen Angriffe innen/unten, Riposte mit Wurfstoß

Zweck der Lektion
  • Neutralisieren tiefer Angriffe

  • Mensurauswahl für Paraden

  • Situationsangemesene Paradebewegung

  • Technik des Wurfstoß bei schließender Mensur

Aufgabenstellung
  1. Trainer:in bewegt sich frei auf der Bahn in Auslage Sixt

  2. Athlet:in folgt in mittlerer Mensur in Auslage Sixt

  3. Trainer:in führt einen direkten Angriff unten/innen durch, nimmt den Oberkörper weit nach unten und bleibt dort

  4. Athlet:in pariert angemessen mit Quart oder tiefer Quint.

  5. Athlet:in ripostiert gegen die nur geschlossene Mensur mit Wurfstoß über die äußere Schulter zum Rücken

  6. Trainer:in versucht Rimesse mit Opposition

Wiederhole mit Vorgabe für die Daumenposition bei der Parade:

  • Rechtshänder: 1 Uhr, 11 Uhr, 9 Uhr, 7 Uhr

  • Linkshänder: 11 Uhr, 1 Uhr, 3 Uhr, 5 Uhr

Zusatzaufgaben

Zufällig aus diesen Aufgaben auswählen, bis Lektionslänge erreicht.

  • Bewegungsausführung: Anfangsbedingung

    • Vorgabe der Mensur, die gehalten werden soll: mehrere Varianten zwischen Nahkampf und weiter Mensur

    • Vorgabe der Klingenlagen: Auslage und ggf. gebunden/bindend

    • Körperbewegung bei der Parade: im Stand, mit Schritt zurück, mit Schritt vor, in die Knie gehend, mit Sprung nach oben

  • Bewegungsausführung: Endbedingung

    • Wurfstoß im Stand, mit Schritt vor (in den Nahkampf), mit Fléche und Vorbeilaufen

  • Bewegungsausführung: räumlich-zeitliche Ausführung

    • Parade so früh wie möglich, so spät wie möglich

    • Parade halten: nur Schlag (sanft, kräftig), kurz halten, bis zum Boden transportieren

Lektionselemente zur Beschäftigung